Werte

Wahrnehmungen im Umgang mit Werten und Bewertungen!

  1. Oft werden Worte verwendet, die teils keine Werte sind, sondern Werte umschreiben. Ich verdeutliche diese an dem Begriff der Pünktlichkeit. Es ist für manche Kulturgruppen ein Ausdruck für Zuverlässigkeit (Wert ist Treue) wenn man vor der vereinbarten Zeit beim Treffpunkt erscheint. Diese Vorstellung von Pünktlichkeit impliziert, dass wir respektiert werden (Wert ist Ehre), wenn der Andere die Bedeutung von Zeit so einzuschätzen weiß, wie ich es für richtig halte. Es gibt Kulturen, die Stunden auf jemanden warten. In ihrer Kultur ist es dieses Warten, Zeit verbrauchen, dass ihnen mitteilt, wie wichtig der Andere (Wert ist Würde) ist. Es ist ein Ausdruck von Treue, dass man über die Zeit hinaus auf den anderen wartet. Es ist auch ein Ausdruck von Würde, denn es geht um die Person, den Menschen und nicht um eine Erfüllung einer bestimmten Zeiteinteilung. Es geht um die Wichtigkeit dieser Person.
  2. Oft wird die Frage zu den eigenen Werten zu einer Antwort, bei der die Werte des beruflichen Gegenübers gesucht und genommen werden. Man könnte meinen: Werte sind für Andere da. Die Frage impliziert, dass Pädagogen vor allem darauf zu achten haben, dass die Gruppe, mit der sie arbeiten, diese Werte einhalten. Werte sind eine Orientierung die mit der einzelnen Person und der Gruppe zu tun hat. Aus diesem Grund ist es leicht erst einmal auf die Gruppe zu achten, als auf sich selbst. Es kann aber sein, dass es eine Wertedifferenz gibt? Die Gruppe, mit der wir arbeiten, kann eine andere Vorstellung von den Werten haben, als wir selbst.
  3. Manchmal gibt es auch Vorstellungen, dass es unterschiedliche Werte gäbe. Damit machen wir die Grundwerte einer Gesellschaft beliebig. Hier werden die Worte für bestimmte Ideologien missbraucht. So wird Gewinnmaximierung manchmal als der Wert eines Geschäftsmannes beschrieben. Hier wird ein Ziel eines Menschen zu einem allgemeingültigen Wert gemacht.
  4. Es werden Regeln und Werte verwechselt. Ebenso ein sehr häufiger Vorgang. Werte sind Orientierungen, Regeln sind Vereinbarungen wie diese Orientierungen erreicht werden können. Regeln sind ganz klar und begrenzt. Werte sind unklar und unbegrenzt. Aber dazu später.
  5. Es werden Werte und Ziele verwechselt. Werte sind die manchmal die Grundlage für ein Ziel. Ziele sind klar und erreichbar. Das manche Menschen mit Zielen eine Schwierigkeit haben, ändert nichts an der Tatsache, dass das Wesen eines Ziels die Klarheit und die Erreichbarkeit ist. Beim Wert ist dies nicht so der Fall. Werte geben eine positive Orientierung, die ich mit einer Gruppe teile. Sie sind somit unklar und auch nicht erreichbar.
  6. Werte drücken sich durch Rituale aus. Ein Gruß ist manchmal mit einer Regel verbunden: „Man grüßt, wenn man einen Raum betritt.“ Wie dieser Gruß vollzogen wird, welche Worte gesprochen oder Gesten ausgedrückt werden ist Teil des kulturellen Rituals. Der Wert kann dabei die Würde oder die Ehre sein. Das hängt vom Ritual und dem Kontext zusammen.
  7. Werte sind verbunden mit einer Vorstellung wie ich meine Struktur, meine Umgebung, meine Zeit, meine Macht annehme und mit ihr arbeite.

Werte sind positive Orientierungen, die ich mit einer Gruppe teile.

Diese Definition unterscheidet Werte von Zielen. Ziele kann ich erreichen, die Werte wären hierbei die Grundlage und Orientierung. Eine weitere Unterscheidung sind Werte und Wünsche. Werte sind klare Orientierungen, die mich in eine moralische Verantwortung bringen. Wünsche hingegen nicht. Für meine Wünsche bin ich nicht einmal verantwortlich. Ich habe eine Person oder eine höhere Instanz an die ich meine Wünsche wende. Ich bin als Einzelner, gegenüber meinen Wünschen passiv. Bei Zielen ist die umgekehrt. Hier habe ich ein konkretes Ziel und bin dafür verantwortlich dies zu erreichen. Erreiche ich dies nicht, so bin ich gescheitert. Erreiche ich es habe ich Erfolg.

Werte funktionieren anders. Werte sind positive Orientierungen, wie z.B. der Wert Wahrheit. Ich strebe diesem Wert nach, doch ich werde ihn nie vollständig erreichen. Er ist mir Orientierung, ähnlich einem Fixstern für den Seefahrer.

Werte sind positiv. Sie resultieren aus den sozialen Bedürfnissen des Menschen. Sie entsprechen damit dem was der Mensch, die Menschen zum Leben brauchen. Werte für sich alleine gibt es nicht. Werte müssen geteilt werden. Sie sind eingebunden in das Ganze einer Gruppe. Eine Gruppe von Menschen macht bestimmte Werte zur Grundlage für ihr gemeinsames Leben. Die, vor allem westlichen, Menschen, haben sich die Menschenrechte als Maßstab und Rechtsorientierung gegeben. Diese Rechte, sowie die meisten europäischen Verfassungen sind die geronnen Werte in einer Rechtsform. Denn ein Wert ist zwecklos, wenn er sich nicht einer Regel oder einem Recht wiederfindet. Ebenso ist das Recht, wertlos, wenn es keinen werthaften Bezug hat. Sie können sich das Ganze als Gemälde in einem Rahmen vorstellen. Das gemalte Bild ist der Wert. Der Rahmen ist das Recht oder die Regel. Hätten Sie nur den Rahmen, so ist der Rahmen wertlos und leer. Hat das Bild keinen Rahmen so ist es fassungslos. Es wäre nicht zu greifen, wäre beliebig.

zu den einzelnen Werten