Friedenszeit-Kriegszeit

Zeit steht uns im begrenzten Maß zur Verfügung. Seit wir begonnen haben, die Zeit zu messen, schufen wir numerische Einheiten, die unsere Vergänglichkeit beschreiben. Leben wird gezählt zwischen dem Zeitpunkt der Geburt und dem des Todes. Wir nennen dies dann die Lebenszeit. In dieser Spanne kann der Mensch seine Zeit gestalten. Ist diese Zeit verfügbar oder unverfügbar? Ist diese Zeit fremd- oder selbstbestimmt?

Wird der größte Teil unsere Zeit fremdbestimmt, müsste es normalerweise zum Konflikt kommen. Unser Bedürfnis nach Autonomie müsste sich regen. Menschen, die den Wert Freiheit als wichtig erachten, müssten sich finden und verdeutlichen, dass wir Zeiträume brauchen, über die wir selbst bestimmen können. Wir müssten uns zusammenschließen und für eine selbstbestimmte Zeit in diesem Leben kämpfen. Schwierig wird es, wenn uns vermittelt wird, das Fremdbestimmung Autonomie und Freiheit bedeuten, in dem wir z.B. mit einer Smartwatch ständig an irgendwelche Dinge erinnert werden und zugleich dies die große Freiheit darstellt.

Wie ist dies nun mit dem Frieden? Wenn wir Frieden als eine strukturelle Umsetzung der Werte (Würde, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, Gesundheit, …) sehen, so wäre er selbstbestimmt. Friedenszeiten sind Zeiten in denen sich alle Menschen so entfalten können, dass es zu einem sozialem Miteinander kommt. Wir haben Zeit, um zu streiten und uns zu versöhnen. Wir genießen die Zeit, um sich z.B. anzuhören oder zu lieben. In Friedenszeiten gibt es Konflikte, aber keine Gewalt.

Kriegszeiten sind fremdbestimmt. Der Krieg braucht eine einheitliche Formation in Gedanken, Worten und Werken. Ohne diese Uniformierung würde der Krieg nicht gehen. Kriegszeiten sind gezeichnet von kurzen Lebensspannen und nachhaltiger Zerstörung. Krieg nährt sich von der aberwitzigen Vorstellung, dass es einen Sieger gäbe. Im gleichen Atemzug vernichtet der Krieg die Zeit, der an ihm beteiligten Menschen und der kommenden Generationen. Kriegszeiten sind geprägt von geistigen Mobilmachungen. Wer ausschert ist ein*e Verräter*in. Er*sie wird dann zum*r Freund*in der angesagten Gegners.

Wir haben Kriegszeit. Wir sind fremdbestimmt. Dies geht so weit, dass sich fast keiner mehr traut, diesen Wahnsinn öffentlich anzuzweifeln. Über 20 Kriege weltweit in denen – stellvertretend für andere Interessen – Millionen Menschen sterben müssen. In jedem dieser Kriege herrscht die Logik, das nur durch Waffengewalt die Gegenseite besiegt werden müsse, um zu einem Frieden zu kommen. Dies auch in dem Krieg, der in der Ukraine tobt. Die Illusion, besetzte Gebiete zurückzuerobern, die Abkehr von Verhandlungen und Kompromissen, bedeutet die Fortsetzung und Eskalation des Krieges.

Wir brauchen jetzt eine Friedenszeit, um die Schäden, die der Mensch dieser Erde und sich selbst gegenüber angetan hat, zu heilen. Friedenszeiten sind vielfältig und ohne Gewalt. In Friedenszeiten bestimmen wir selbst, was wir denken und wie wir handeln.

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